Johanna

Selbstverwirklichung

Um 16.55 Uhr hebe ich ab. One-Way-Ticket nach Barcelona. Der grobe Plan: Erstmal bis Weihnachten, aber der Vertrag läuft fast ein Jahr.

Angst habe ich nicht. Eher die Sorge, hier in Wittstock oder in Brandenburg etwas zu verpassen. Ich habe sehr viele Freunde hier. In Barcelona kenne ich niemanden. Nur die Mutter der Gastfamilie, in der ich leben werde. Wir haben uns über Whats-App geschrieben und zweimal videotelefoniert. Ich fühle mich jetzt willkommen.

Ich gehe nach Barcelona, weil ich mir selbst näherkommen will. Eigentlich paradox! Wegzugehen, um zu mir zu kommen. Wittstock mit seinem Alltag ist ein Teil von mir geworden. Jetzt will ich den Alltag in Barcelona erleben, und herausfinden, wer ich dort bin.

Hier war ich immer die kleine Schwester. Dort bin ich die „große Schwester“ für den Jungen, den ich als au pair betreue. Morgens werde ich den Jungen zur Schule bringen, dann gehe ich selbst zur Sprachschule. Mittags hole ich den jungen wieder ab, und verbringe den Nachmittag mit ihm, bis seine Mutter von der Arbeit kommt. Ich bekomme ein Taschengeld und werde mit verpflegt. Ich werde Teil der Familie sein.

Man hat mich gewarnt vor der großen Stadt und ihren Taschendieben. Und vor bestimmten Stadtteilen. Wenn die Leute dort plötzlich in ihre Häuser gehen und Türen und Fenster schließen, solle ich besser schnell umkehren. Und das Leitungswasser soll ich nicht trinken. Ansonsten solle ich viel Spaß haben.

Um 19.35 Uhr landet das Flugzeug.