Kaya
Ich bin geboren in der Türkei, 1990 in Halfeti. An der syrischen Grenze, wo eigentlich Kurdistan sein sollte. Ich bin Kurde. Mit deutschen Ausweis. Ein deutscher mit kurdischen Wurzeln. Ein Vater kam 1990 als Gastarbeiter nach Deutschland. Er hat in Berlin Döner verkauft. Sechs Jahre später hat er uns nachgeholt: Meine Mutter, meinen Bruder, meine Schwester und mich. Ich war sechs Jahre alt, drei Monate nach meiner Geburt war er losgegangen. Mit dem Weggehen von dort hatte ich kein Problem, ich wollte bei meiner Familie sein. Vorher waren wir in einem Dorf, jetzt in einer großen Stadt.
Ich kannte die Sprache nicht. Ich kam gleich in die Schule, aber ich konnte mich mit fast niemandem unterhalten. Man dachte, ich sei sprachbehindert. Man schickte mich zu einer Lernbehindertenschule für sechs Monate. Dort war es besser, langsam konnte ich mehr Deutsch und ich konnte wieder auf eine normale Grundschule. Ich habe dann die Oberschule abgeschlossen. Mein Vater hatte zu der Zeit mehrere Dönerläden im Raum Wittstock, also bin ich dort hingezogen. Da war ich 17 und Berlin hat mir gefehlt. Meine Freundin, mein Jugendklub. Hier war ich einsam, saß nach der Arbeit allein in der Wohnung. Mein Vater war meistens unterwegs. Es war schwer, jemanden kennen zu lernen.
Jetzt kennen mich viele, ich spiele Fußball, gehe ins Fitnesscenter. Ich habe eine eigene Familie. Am Wochenende sind wir oft in Berlin, im Urlaub fahren wir nach Halfeti. Ich habe drei Heimaten.