Sebastian
ich wurde als Produkt meiner Eltern geboren. Mein Vater kam in Berkeley/Kalifornien zur Welt. ER war der Sohn eines portugiesischen Diplomaten. Mit ihm zog er nach Brasilien, Belgien, Frankreich und Spanien. Die Sommer verbrachten sie in Portugal.
Die Familie meiner Mutter kam aus Prag und zog Mitte des 19. Jahrhunderts nach Chicago. Ich habe immer noch die originalen Einwanderungsdokumente. Als Schuhmacher hatten sie wirtschaftlich harte Zeiten und sie suchten nach einem besseren Leben in den USA.
Ich glaube, dieser familiäre Hintergrund macht es für mich einfacher, offen zu sein und neue Menschen zu akzeptieren.
Nach der Kunst-Universität in Berkeley ging ich nach New York, dann wieder zurück nach Kalifornien. Dann nach London zum Masterstudium. Zurück nach San Francisco. Danach Stanford, später Oklahoma und seit 2001 Washington State. Als Kunstprofessor verbringe ich viel Zeit in anderen Ländern. Ich mag Reisen nicht, aber ich mag die Idee, irgendwo anders zu sein. Jetzt bin ich hier in Wittstock, für elf Monate.
Es hat ein paar Wochen gebraucht, bis ich mich so eingerichtet habe, dass ich komfortabel und gut arbeiten kann. Einige Freunde und Kollegen haben mir geholfen mit einem Herd und dem Visum, dem Zoll und meiner Ausrüstung, die unterwegs verloren gegangen schien.
Ich bin hier, um ein Projekt über den Todesmarsch zu verwirklichen, wo Gefangene beim Heranrücken der Roten Armee aus den KZs getrieben wurden. Das war in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. Sie waren auf den Straßen und in den Wäldern hier in der Umgebung, bewacht von der SS, ohne Essen und Wasser. Wenn Sie nicht mehr laufen konnten, wurden sie erschossen. In meinem aktuellen Kunstprojekt will ich den Todesmarsch, mein eigenes intellektuelles Verständnis und das Vermächtnis meines Großvaters zusammenbringen.
Als die Wehrmacht Nordfrankreich eroberte, hat er in Bordeaux auf dem portugiesischen Konsulat gearbeitet. Er hat 30.000 Leuten ein Visum verschafft, damit sie Frankreich verlassen konnten. Flüchtlinge aus anderen Ländern, Juden, Künstler, Kommunisten. Mit dem Visum konnten sie nach Portugal, wo sie eine Weile blieben, um von dort in andere Teile der Welt zu gelangen. Einige dieser Leute wurden zu Freunden meines Vaters, als er in San Francisco war. Sie haben viele Geschichten über ihre Flucht erzählt. Einige dieser Geschichten sind fest in die Überlieferung unserer Familie eingewebt.