Natascha

Selbstverwirklichung
Familie
Studium
Ungerechtigkeit

Ich bin in Kasachstan geboren. Mein Vater war Russe, meine Mutter war Deutsche. Bei uns im Dorf wohnten Tschetschenen, die vor dem Krieg geflüchtet waren, Ukrainer, Weißrussen, Tataren und eine Familie aus Estland. Die meisten lebten friedlich zusammen.

Nach dem Lehrer-Studium habe ich einen Deutschen geheiratet. Er kam auch aus meinem Dorf.

Sein Großvater lebte allein in Usbekistan, und wir zogen in sein Haus, um uns um ihn zu kümmern. Das Klima dort war angenehmer. Mein Mann hatte dort Freunde, wir unterrichteten an Schulen und wir hatten schnell gute Kontakte zu Kollegen. Dort ist unsere zweite Tochter geboren. Der Großvater meines Mannes ist gestorben.

Beim Zerfall der Sowjetunion wurden die Lebensumstände schlechter. Fleisch, Zucker, Mehl und Käse gab es nur auf Lebensmittelmarken. Viele Russen sind weggezogen, weil sie von den Usbeken benachteiligt wurden. Nationalitäten spielten plötzlich eine Rolle und die Jugendlichen fingen an, sich untereinander zu prügeln. Wir hatten Angst um unsere Töchter. Wir hatten Zweifel, ob sie einen Studienplatz bekommen würden.

Mein Mann hat einen Cousin, der schon in Deutschland lebte. Er hat uns die Formalitäten erklärt, erzählt, wie man dort lebt. Dann haben wir uns entschieden. Hauptsächlich wegen unserer Kinder.

Heimat besteht bei mir aus zwei Teilen: Dort wo ich geboren und aufgewachsen bin, und dort wo ich mich wohl fühle. Und das ist jetzt hier.